ECHORAUM
Andere Räume. FORT & Jochen Schmith
20. Juni – 16. September 2012
ECHORAUM ist eine Kooperation der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland mit verschiedenen internationalen Kunsthochschulen, die jeweils im Zwei-Jahres-Rhythmus wechselt. Im Ausstellungsbereich im Untergeschoß stellen Studenten und Absolventen der Hochschulen ihre Projekte vor.
Andere Räume ist die erste Ausstellung, die im Rahmen der zweijährigen Kooperation der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn mit der Hochschule für bildende Künste in Hamburg stattfindet.
Stellt man sich die Frage, ob sich das Erscheinungsbild des Hasenbaus, in dem Alice auf der Suche nach dem weißen Kaninchen verschwindet, von allen anderen unterscheidet, so lautet die Antwort nein. Wahrscheinlich deshalb, weil eine Geschichte, die einen gleitenden Übergang in traumlogische Hemisphären zu erzählen sucht, nicht nur einen irritierenden Köder, sondern auch eine Pforte benötigt, die in ihrer weltlichen Tarnung ausreichend glaubwürdig wirkt. (Zitat FORT)
Die Ausstellung Andere Räume beschäftigt sich genau mit dieser Fragestellung. Gezeigt werden Arbeiten der Künstlergruppen FORT und Jochen Schmith, die durch gezielte Eingriffe gewohnte Wahrnehmungsstrategien unterlaufen und den Raum des Museums in mimetischer Weise rekonstruieren um dem Betrachter neue Sichtweisen zu ermöglichen.
FORT, bestehend aus Anna Jandt, Jenny Kropp und Alberta Niemann, realisiert seit 2006 Installationen und Performances, die sich an der Grenze dessen bewegen, was noch als glaubwürdiger Alltagsmoment begriffen werden kann. Ortsspezifische Eigenschaften bilden die Grundlage für ein Referenzsystem, in dem sich reale Gegebenheiten mit fiktiven Elementen verbinden. Der Betrachter findet sich als unfreiwilliger Statist in einer Szenerie wieder, die für ihn arrangiert wurde.
Mit der Installation Thirty Feet Away From Me greift FORT auf Gegenstände zurück, die zum typischen Ausstellungsinventar großer Kunstinstitutionen gehören. Ein zentrales Motiv bilden hierbei Absperrständer, die in Museen zum Einsatz kommen, um den Andrang auf populäre Kunstwerke zu regeln, wertvolle Exponate zu schützen und dem Besucher seinen Platz zuzuweisen.
In der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland arrangiert die Künstlergruppe diese Absperrständer zu einem Parcours, der den Betrachter dazu auffordert, einen Umweg zurückzulegen, um sich dem Werk zu nähern. Dort angekommen, erblickt er lediglich ein Sportgerät, das scheinbar achtlos in einer Raumecke abgestellt wurde, und ein Titelschild, das den Namen der Arbeit und die Werkangaben trägt. Die Informationen darauf ermöglichen dem Betrachter eine Neuordnung des Raumes, die den Weg in die entgegengesetzte Richtung weist und den Blick auf einen stillen Protagonisten lenkt. Am Ende scheint jeder Zufall verdächtig.
Den Ansatz, den Ausstellungsraum nicht nur als reine Präsentationsfläche zu verstehen, sondern in einer Spiegelung als Plattform für die künstlerische Idee zu nutzen, zeichnet auch die Arbeitsweise der zweiten Künstlergruppe aus, die in dieser Ausstellung zu sehen ist.
Das Künstlerkollektiv Jochen Schmith, das sich aus Carola Wagenplast, Peter Hoppe und Peter Steckroth zusammensetzt, untersucht in seiner Zusammenarbeit unter anderem die räumlichen und strukturellen Bedingungen des Ausstellens und der zeitgenössischen Kunstproduktion. In einer Herangehensweise, die meist direkt auf die vorhandene Situation Bezug nimmt, dekonstruieren die Künstler vorgefundene Architekturen, Kulissen, Konventionen und Symbole und entwerfen eigene komplexe Strukturen.
Für die Arbeit The Fraud führte Jochen Schmith eine Befragung der Mitarbeiter der Bundeskunsthalle Bonn durch. Anhand des Ergebnisses wurde ein Eau de Parfum konzipiert und in Bronzeflakons abgefüllt, deren Form an die architektonischen Merkmale des Ausstellungshauses angelehnt ist. Diese werden auf einem Display von leeren Transportkisten präsentiert, deren Stapelung von mehreren Stockwerken aus sichtbar ist. Mehrere Ausstellungsebenen werden so miteinander verbunden. Das Erscheinungsbild des Hauses wird so im doppelten Sinne hinterfragt: Mit einer Parfümkreation, die das Marketinginstrument der Corporate Identity in eine omnipräsente Form zurückführt und mit den Kisten, die sonst für die Besucher nicht sichtbar sind. Repräsentant und Repräsentat werden hier vertauscht, neu strukturiert und umkodiert.