Krone und Schleier

Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern

19. März bis 3. Juli 2005

Schleier und Krone sind die Erkennungszeichen religiös lebender Frauen seit der Entstehung von Klöstern. Sie stehen für den Brautschleier und die Brautkrone als Symbole der Vermählung mit Christus. Krone und Schleier ist die erste große Ausstellung über die Welt der mittelalterlichen Frauenklöster.

Durch ihre Bewohnerinnen in Auftrag gegeben, selbst angefertigt oder als Stiftung dorthin gelangt, entstand in den Frauenklöstern, Stiften und Beginenhöfen eine ganz eigene Bilderwelt, die sich auf unterschiedlichste Weise von der Ausstattung männlicher Konvente abhob.
Da sich Bedeutung und Funktion dieser Kunstwerke oft aus ihrem (ehemaligen) architektonischen Zusammenhang erschließen, orientiert sich der Ausstellungsrundgang an den Räumen einer mittelalterlichen Klosteranlage. Chronologisch endet die Ausstellung vor dem Einsetzen der Reformation, mit der auch die Frauenklöster ihren Niedergang erlebten. Die Gemeinschaften wurden aufgelöst, die Gebäude vielfach völlig zerstört, die kostbare Ausstattung in alle Welt verstreut.

Die »Äußere Kirche«: Offen für Laien
In Klosterkirchen unterscheidet man zwischen einer der Klausur zugehörigen »inneren« Kirche für die Klostergemeinschaft und einer »äußeren« für die Laien. Die »äußere« Kirche beherbergte den Hochaltar und oftmals einen Chorbereich, in dem das Stundengebet der die Frauengemeinschaft betreuenden Kanoniker oder Mönche stattfand. Um einen Eindruck von Art und Aussehen einer »äußeren« Kirche zu vermitteln, wurde für die Ausstellung ein Großteil der mittelalterlichen Ausstattung aus dem ehemaligen Zisterzienserinnenkloster Fröndenberg (Westfalen) erstmals wieder zusammengetragen.

Clausura: Die abgeschlossene Lebenswelt
Aus Sicht der mittelalterlichen Theologen waren Frauen in stärkerem Maße als Männer von fleischlicher Begierde und leichtsinniger Neugier bedroht. Sie galten daher als das »schwache Geschlecht«, das zum eigenen Schutz hinter möglichst undurchlässigen Klostermauern leben sollte. Die Klausur, die Abschließung von der Welt, bildet zudem die unerlässliche Grundlage für die Vereinigung mit Gott im Gebet.

Die Zellen: Alltag, Andacht und Vision
Die Klosterzelle ist eine Neuerung des späten Mittelalters. Ursprünglich und idealerweise sollten Mönche wie Nonnen gemeinsame Dormitorien (Schlafsäle) benutzen. Eine eigene Zelle stand in Konflikt mit der traditionellen Vorstellung von der klösterlichen »vita communis«, dem Leben in der Gemeinschaft. Doch gerade indem die Zelle individuellen Rückzug und ein gewisses »Privatleben« ermöglichte, gewährte sie den Klosterfrauen Momente einer verstärkten Kontemplation und inneren Einkehr, bis hin zu visionären Erlebnissen.

Kapitelsaal und Refektorium: Unterweisung und Fürbitte
Der zumeist im Ostflügel der Klosteranlage gelegene Kapitelsaal übernahm verschiedene wichtige Funktionen: Hier fanden die täglichen Zusammenkünften statt, bei denen aus den Ordensregeln und Heiligenviten gelesen und Segenssprüche für die Tagesarbeit ausgegeben wurden. Außerdem wählten die Klosterfrauen hier ihre Äbtissin. Auch Bußriten wurden im Kapitelsaal durchgeführt, z.B. Geißelungen, die von der Äbtissin und den »circatrices« (wörtlich: diejenigen, die zirkulierten, um Regelverstöße zu ahnden) überwacht wurden.

Gästehaus und Abtei: Die Öffnung zur Welt
Trotz der grundsätzlichen Abgeschlossenheit des klösterlichen Lebens gab es für die Nonnen vielfältige Berührungspunkte mit der Außenwelt. Diese Kontakte fanden in bestimmten Räumlichkeiten (der »Äußeren Kirche«, der Klosterpforte, der Abtei und dem Gästehaus) oder zu bestimmten Gelegenheiten und Anlässen (Klosterverwaltung, Feste) statt. Nicht zuletzt waren Kunstwerke ein wichtiges Medium des Austausches mit der Welt außerhalb der Klostermauern.

Das »Werkhus«: Leserinnen, Schreiberinnen, Künstlerinnen
Buchbesitz, Buchnutzung und Buchherstellung waren in Frauenkonventen von zentraler Bedeutung. Die Schaffung einer kostbaren Handschrift umfasste verschiedenste finanzielle, konzeptuelle und manuelle Tätigkeiten und war Teil des klösterlichen Gotteslobes.
Eine ebenso wichtige Rolle spielte die Textilproduktion: Weißstickereien, gewebte und gestickte Wandbehänge und Banklaken wurden für den Eigenbedarf hergestellt und waren auch für den Verkauf bestimmt. Die Textilien entstanden zumeist als Gemeinschaftsarbeiten mehrerer Klosterschwestern.

Die Sakristei und Schatzkammer: Irdische und himmlische Schätze
Sakristei und Schatzkammer enthielten die kostbarsten materiellen Besitztümer eines Frauenkonvents: neben den Gerätschaften für die Messfeier – Kelch, Patene (Hostienteller) und Messkännchen – auch die priesterlichen Gewänder sowie zahlreiche aufwendig geschmückte Behältnissen mit den Reliquien der Heiligen. Der Reichtum und die Pracht des Klosterschatzes konnten durchaus in Widerspruch zum Armutsideal einer Ordensgemeinschaft stehen.

Der Nonnenchor: Die »Innere Kirche«
In allen Klosterkirchen, sowohl von Männer- als auch von Frauengemeinschaften, wurde ein Bereich für die Feier des Stundengebetes der Konventsmitglieder abgegrenzt. Da die Nonnen von der Messfeier am Hauptaltar ausgeschlossen waren, existierte in Frauenklöstern ein als »Nonnenchor« bezeichneter Raum, der zur Klausur gehörte und allein den Klosterschwestern zugänglich war. Auch ein Priester hatte nur ausnahmsweise Zutritt.
Vom Nonnenchor des 1868 aufgehobenen Dominikanerinnenkloster St. Katharinenthal in der Nordostschweiz hat sich ein Großteil der herausragenden mittelalterlichen Ausstattung erhalten, wenn auch auf Museen in der ganzen Welt zerstreut. Einige dieser Stücke können für die Dauer der Ausstellung erstmals wiedervereint werden.

Katalog

Krone und Schleier
Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern
Hrsg. Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Bonn und Ruhrlandmuseum Essen
Umfang: ca. 640 Seiten mit ca. 780 Abbildungen in Farbe, Hardcover
Preis der Museumsausgabe: 32 EUR
Verlag: Hirmer Verlag, München
ISBN: 3-7774-2565-6

Film zur Ausstellung

Nonnenleben – Alltag in der Cistercienserinnenabtei Lichtenthal
Morgens um 4.30 Uhr beginnt der Tag bei den Nonnen im Kloster Lichtenthal, in einem Tal am Rande Baden-Badens. Sie sind Weberinnen, Stickerinnen, Goldschmiedinnen, Lehrerinnen und Destillateurinnen – vor allem aber tragen sie den Schleier und singen siebenmal am Tag das Lob Gottes im Nonnenchor ihrer Kirche, bis sich nach 19.00 Uhr Schweigen über das Kloster legt. Der Film folgt den Frauen in ihrem genau festgelegten Tagesablauf und zeigt sie bei ihrer täglichen Arbeit in den Werkstätten, beim Chorgebet und bei der geistlichen Lesung. Der gleiche Alltag seit fast 800 Jahren, den es bald so nicht mehr geben wird: zu wenig Aufträge für die Handwerkerinnen zwingen die Zisterzienserinnen von Baden-Baden dazu, sich neue Erwerbsquellen zu erschließen.