DAS[neue]WIR
Die Kunst und ihre Institutionen werden uns allen gehören
Performatives Festival
26. & 27. Mai 2023
Vor fast 50 Jahren trafen sich vierzig Männer und eine Frau im Bonner Steigenberger Hotel, um die Planung einer Kunsthalle für die Bundesrepublik Deutschland anzustoßen. Gleichzeitig wurde in (West-)Deutschland mit der Neuen Kulturpolitik ein Versprechen gegeben: Kunst und Kultur für alle!
Das zweitägige Festival versammelt Künstler*innen, Aktivist*innen und Theoretiker*innen in der Bundeskunsthalle, um dieses Versprechen neu zu verhandeln. Überall in Deutschland versuchen Kulturinstitutionen, die super-diverse Stadtgesellschaft an ihrem Programm, im Publikum und Personal zu beteiligen. Gemeinsam mit Expert*innen und Zeitzeug*innen ziehen wir Bilanz, was wir aus den vergangenen Jahrzehnten lernen können und was wir korrigieren müssen. Akteur*innen aus Kunst und Kultur entwerfen zusammen mit den Besucher*innen Zukunftspläne für eine neue Demokratisierung der Gesellschaft: Zwei Tage mit Panels und performativen Versammlungen zu Zugehörigkeit(en) und Gemeinschaften in neuen Institutionen, zu Diversität und Diversitätskritik, zur Geschichte demokratischer Kulturpolitik(en) und zu Räumen und Formaten des Zusammenkommens.
Eintritt frei!
Das Festival findet in deutscher Sprache statt und wird in Deutsche Gebärdensprache verdolmetscht.
Anmeldung zum Festival: buchung@bundeskunsthalle.de
Bitte gebt bei der Anmeldung an, ob ihr an beiden Festivaltagen oder am Freitag oder Samstag teilnehmen wollt.
Informationen für Besucher*innen mit Mobilitätseinschränkungen: www.bundeskunsthalle.de/besucherinfo/barrierefrei
DGS-Übersetzung
Hallo, ich bin Maral. Ich möchte Euch zum Festival „DAS[neue]WIR]" einladen. Sein Motto lautet: Die Kunst und ihre Institutionen werden uns alle gehören.
Es geht also um Teilhabe und Vielfalt in der Kultur in Deutschland. Das Festival findet am 26. und 27. Main in Bonn in der Bundeskunsthalle statt. Der Eintritt ist frei.
Das ganze Programm wird DGS-verdolmetscht. Das macht tridimo. Es beginnt am Freitag um 15 Uhr mit der Diskussion mit dem Namen Kartoffel Community.
Sieben Gäste diskutieren, was Gemeinschaft und Gesellschaft in einem Einwanderungsland ausmacht. Es wird aber nicht nur geredet.
Die Intendantin Eva Kraus wird für das ganze Publikum eine Kartoffelsuppe kochen. Dabei helfen ihr die Autor*innen Mithu Sanyal und Mohamed Amjahid, der Sozialanthropologe Rohit Jain, die Kuratorin Meryem Erkus und die Künstlerin Anna Ehrenstein. Die Chefköchin ist Nishanti Perera, die in Bonn ein Restaurant mit Sri lankanischer Küche betreibt.
Danach kann das Publikum sich bewegen. Die Tänzerin und Cheographin Joana Tischkau und ihr Team zeigen ihre Performance „,Colonastics". In der Performance eigenen sich die Künstler*innen weiße Kulturpraktiken an. Im Anschluss essen wir alle gemeinsam die Kartoffelsuppe.
Am Abend um 19 Uhr gibt es die Veranstaltung „Diversität schafft sich ab“. Sie beschäftigt sich mit der Frage, warum Teilhabe immer von denen ausgehen soll, die gar keine Diskriminierungserfahrungen machen. 8 Expertinnen tragen alte und neue Ideen vor, wie wir Vielfalt und Teilhabe stark machen können. Mit dabei ist der Pädagoge Vincent Hesse, der sich Gedanken über den Zusammenhalt hörender und tauber Personen macht.
Am Samstag, den 27. Mai, geht es um 10 Uhr weiter. Bei der Veranstaltung „In einem Land vor unserer Zeit" geht es um die Geschichte marginalisierter [oder: benachteiligter] Kulturprojekte. Da bei erzählen fünf Gäste die Geschichte langsam zurück. Von der Gegenwart immer weiter in die Vergangenheit. Danach öffnet sich das Festival. Der letzte Teil heißt „Eine Halle für alle". Die Religionswissenschaftlerin Leyla Jagiella führt das Publikum an verschiedene Orte der Bundeskunsthalle. Dort werden Performances aufgeführt.
Auf der Website findet Ihr das gesamte Programm. Dort meldet findet ihr auch Infos zur Anmeldung.
Die Kurator*innen des Festivals freuen sich auf euch!
Festivalprogramm am Freitag, 26. Mai.
15–17 Uhr – Kartoffel Community
Zu viele Köch*innen verderben den Brei, lautet ein deutsches Sprichwort. Hierzulande kochen alle lieber ihr eigenes Süppchen. DAS [neue] WIR begibt sich auf die Suche nach Gemeinschaft in einer Gesellschaft, an der alle einen Platz am Tisch finden. Zu Beginn des Festivals versammeln sich alle – die Ehrengäst*innen und Besucher*innen – zum gemeinsamen Kochen, um ein großes gemeinsames WIR zu formulieren. Wir schälen und schneiden Kartoffeln. Wir sammeln Zutaten und tauschen Rezepte aus. Wir krempeln die Ärmel hoch, um alle satt zu machen. Am Schneidebrett und am Suppentopf teilen wir unser Wissen und unsere Erfahrungen: Was brauchen eine Gesellschaft und ihre Communities, um zusammen zu leben?
Eva Kraus (Intendantin der Bundeskunsthalle)
Mithu Sanyal (Kulturwissenschaftlerin und Autorin)
Mohamed Amjahid (Autor und Journalist)
Anna Ehrenstein (Künstlerin)
Meryem Erkuş (Kuratorin und Leitung „GOLD+BETON“)
Rohit Jain (Sozialanthropologe)
Nishanthi Perera (Köchin und Gastronomin)
17:15–18 Uhr – Joana Tischkau: COLONASTICS
Colonastics ist das weltweit erste Fitness Workout, das ohne den exotisierenden Bullshit von Zumba, den pseudospirituellen, esoterischen Schnickschnack weißer Yoginis und neokoloniale Aneignungen auskommt! Warum? Weil es sich einzig und allein aus der Körperlichkeit weißer Kulturpraktiken speist. Versteife deine Gelenke, werfe deine Gliedmaßen unkontrolliert von dir und perfektioniere deine Luftgitarre. Spüre, wie die weiße Vorherrschaft durch unser kollektives Bewusstsein fließt. Werde Teil einer Bewegung, die die Fitnesswelt revolutionieren wird!
Konzept: Joana Tischkau, Elisabeth Hampe,
Choreografie & Instruction: Nima Sené, Elisabeth Hampe,
Joana Tischkau, Sound: Frieder Blume
18–19 Uhr – Kartoffelsuppe
Die Festivalbesucher*innen verspeisen die Kartoffel Community Suppe.
19–21 Uhr – Diversität schafft sich ab
Museum, Theater, Bundeswehr – ganz Deutschland hat sich Diversität auf die Fahnen geschrieben. Ganz Deutschland? Nein, viele marginalisierte Theoretiker*innen, Aktivist*innen und Spielverderber*innen kritisieren das Konzept. Schon seit seinem Entstehen vor mehr als 30 Jahren mahnten Kritiker*innen an, dass Diversität den Kampf um Gleichberechtigung eher vereinnahmt als unterstützt. Ist es da nicht besser, Diversität hinter sich zu lassen und andere Wege zu mehr Chancengerechtigkeit in Kunst und Kultur zu verfolgen?
Das Panel reiht Expert*innen aneinander, die alternative Gegenkonzepte vortragen: Hybridität, Desintegration, radikale Demokratie und so weiter und so fort. Was passiert, wenn wir Beteiligung in deutschen Kulturinstitutionen von Grund auf neu denken?
Vassilis Tsianos (Soziologe)
Bafta Sarbo (Sozialwissenschaftlerin)
Pary El-Qalqili (Autorin, Regisseurin und Dozentin)
Nesrin Tanç (Literatur- und Kulturwissenschaftlerin)
Vincent Hesse (Pädagoge, Berater und Rassismuskritiker)
Kien Nghi Ha (Kultur- und Politikwissenschaftler)
Karsten Schubert (Philosoph und Politikwissenschaftler)
Tunay Önder (Künstlerin und Kuratorin)
21–22 Uhr – Perera Elsewhere: Solo Live Set
Festivalprogramm am Samstag, 27. Mai
12–14 Uhr – In einem Land vor unserer Zeit
Gerechtigkeit fällt nicht vom Himmel: Noch vor wenigen Jahren konnten weiße Männer Kunst und Gesellschaft unter sich aufteilen. Seit mehreren Jahrzehnten kämpfen benachteiligte Gruppen um Teilhabe im Kunstbetrieb und darüber hinaus. Dabei ist das Vergessen häufig schneller als der demokratische Wandel. Vielen in den jüngeren Generationen sind die Konflikte und Kämpfe der neueren Vergangenheit schon gar nicht mehr präsent.
Das Panel erinnert generationsübergreifend an antidiskriminatorische Projekte und Strategien der Kunst und Kulturarbeit in der Migrationsgesellschaft Deutschland. Von der Gegenwart ausgehend, erforschen die Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Zeitzeug*innen die Ursprünge und Entwicklungslinien dieser Verteilungskämpfe.
Ismahan Wayah (Literaturwissenschaftlerin und Kuratorin)
Aurora Rodonò (Kuratorin und Hochschuldozentin)
Esther Dischereit (Lyrikerin und Essayistin)
Marianne Pitzen (Künstlerin und Leiterin des Frauenmuseum – Kunst, Kultur, Geschichte e. V.)
Gürsoy Doğtaş (Kunsthistoriker, Kritiker und Kurator)
15–17 Uhr – Eine Halle für alle
„Moschee, Karawanserei und Aztekentempel!“ – als der Architekt Gustav Peichl 1986 seine Entwürfe für die neue Bundeskunsthalle vorstellte, überschlugen sich die deutschen Zeitungen mit exotisierenden Zuschreibungen. Aber warum eigentlich nicht? Was können deutsche Kulturinstitutionen beispielsweise von Moscheen und Karawansereien lernen, um sich als Orte der Begegnungen wieder zu beleben? Diese Frage ist der Ausgangspunkt für eine Führung von Leyla Jagiella durch die Bundeskunsthalle. Das Festivalpublikum erkundet analoge und digitale Raumkonzepte für die Kulturoasen der Zukunft.
Leyla Jagiella (Religionswissenschaftlerin und Ethnologin)
dgtl fmnsm (interdiszipinäres Kollektiv)
Minh Duc Pham (Künstler*in, Performer*in und Szenograf*in)
HBK Braunschweig (Klasse Breitz-Honeit)
WIR FREUEN UNS AUF ...
Mohamed Amjahid ist Journalist und Autor. Er veröffentlichte unter anderem „Der weiße Fleck. Eine Anleitung zu antirassistischem Denken.“
Anna Ehrenstein ist eine transdisziplinäre Künstlerin mit Fokus auf künstlerischer Forschung und Vermittlung.
Esther Dischereit ist Lyrikerin, Essayistin, Erzählerin sowie Theater- und Hörstückautorin. Von 2012 bis 2017 war sie Professorin an der Universität für angewandte Kunst in Wien.
Perera Elsewhere ist Musikerin. Zuletzt erschien ihr Album „Home“.
dgtl fmnsm ist ein interdisziplinäres Kunstkollektiv für tech-positive und queerfeministische digitale Kultur.
Gürsoy Doğtaş ist Kunsthistoriker, Kritiker und Kurator. Zuletzt co-kuratierte er „Gurbette Kalmak / Bleiben in der Fremde“ im TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol.
Pary El-Qalqili ist Autorin, Regisseurin und Dozentin.
Meryem Erkuş ist Kuratorin und stadtpolitische Aktivistin. Sie gründete den Kölner Kunstraum „Gold+Beton“.
Kien Nghi Ha ist Kultur- und Politikwissenschaftler, forscht als Postdoctoral Researcher zu Asian German Studies an der Universität Tübingen. Zahlreiche Publikationen zu Asiatischer Diaspora, postkoloniale Kritik, Rassismus und Migration.
Vincent Hesse ist zeritifizerte Peer-Berater in der EUTB (Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung) des Landesverbands Bayern der Gehörlosen e.V., audismus- und rassismuskritischer Aktivist und Gründer der Selbstvertretungsorganisation der PTSGD (Proaktive Taub-Schwarze Gemeinschaft in Deutschland).
Leyla Jagiella ist Religionswissenschaftlerin und Ethnologin. Zuletzt erschien „Among the Eunuchs. A Muslim Transgender Journey“.
Rohit Jain ist Sozialanthropologe, künstlerischer Forscher und Geschäftsführer des Instituts Neue Schweiz (INES).
Eva Kraus ist seit 2020 Intendantin der Bundeskunsthalle. Zuvor hat sie für viele verschiedene Institutionen gearbeitet.
Tunay Önder ist als Autorin, Künstlerin und Kuratorin tätig, unter anderem für die Wiesbaden Biennale, Münchner Kammerspiele und das Münchner Stadtmuseum.
Nishanti Perera ist Köchin und leitet ihr eigenes Restaurant in Bonn.
Minh Duc Pham ist bildende*r Künstler*in, Performer*in und Szenograf*in.
Marianne Pitzen ist Künstlerin und Museumsleiterin. 1981 gründete sie das Frauenmuseum – Kunst, Kultur Geschichte e.V. in Bonn, das sie bis heute leitet.
Aurora Rodonò ist Kuratorin, Hochschuldozentin und Diversitätsmanagerin am Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln. 2005 realisierte sie mit anderen das Forschungs- und Ausstellungsprojekt „Projekt Migration“ (Kölnischer Kunstverein u.a.).
Bafta Sarbo arbeitet zu dem Verhältnis von Marxismus und Antirassismus. Für die Rosa Luxemburg Stiftung gibt sie Kurse zum Marxschen Kapital. Sie ist aktiv in der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland.
Mithu Sanyal ist Schriftstellerin, Kulturwissenschaftlerin und Journalistin mit den Themenschwerpunkten Feminismus, Rassismus, Identitätspolitik, Popkultur und Postkolonialismus.
Karsten Schubert ist Associate Fellow am Lehrbereich Politische Theorie der Humboldt-Universität zu Berlin. Seine Forschungen beschäftigen sich unter anderem mit radikaler Demokratietheorie
Nesrin Tanç ist Autorin, Literatur- und Kulturwissenschaftlerin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.
Joana Tischkau ist Choreografin und Performerin. Zur Zeit tourt sie mit ihrer Produktion „YO BRO“.
Vassilis Tsianos ist Soziologe, Professor an der Fachhochschule Kiel und Mitbegründer von „Kanak Attak“.
Ismahan Wayah ist Literaturwissenschaftlerin und Kuratorin, zuletzt am Historischen Museum Frankfurt.
Klasse Breitz-Honeit (HBK Braunschweig): Olha-Afina Baianova, Carino Gerke, Rita Guimarães, Yasha Hübner, Yoongyung Kang, Delia Naghavi Alhosini, Fritz Polzer, Marlene Rabe, Lexi Schnäbele, Jan Selçuk, Renato Vázquez Patiño, Alissa Weidenfeld, Hyejeong Yun and Hasan Zeytin
Herzliche Einladung in die Ausstellung:
WER WIR SIND. Fragen an ein Einwanderungsland
Eine Ausstellung der Bundeskunsthalle und des DOMiD (Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland)