
STUDIO BONN. Listening to the Future
Das Diskursformat der Bundeskunsthalle
The Common Ground
LETZTER FLUG KABUL
Perspektiven für Kunst und Kultur in Afghanistan
Dienstag, 12. Oktober, 19 Uhr, live im Forum
und im Livestream mit simultaner Übersetzung: Deutsch, Dari und Englisch
Künstler*innen sind geflohen, wenn sie konnten, Kulturschätze im Bamiyan-Tal wurden geplündert und zum Kauf angeboten – und die chinesischen Schürfrechte für die Kupfermine unter der Ausgrabungsstätte in Mes Aynak stehen vor der Neuverhandlung. Nach der erneuten Machtübernahme durch die Taliban ist in Afghanistan abermals eine Zeit der Ungewissheit angebrochen. Was bleibt von den Institutionen, die in den vergangenen zwanzig Jahren aufgebaut wurden, auch durch deutsches Engagement? Welche Perspektiven gibt es für den Kulturerhalt? Und wie lässt sich die kulturelle Abschottung des Landes noch verhindern? Darüber diskutieren die Filmemacherin Sahraa Karimi, der Direktor des Nationalen Musikinstituts Ahmad Sarmast, der Diplomat Martin Kobler und die Ausstellungsleiterin der Bundeskunsthalle Susanne Annen mit der Journalistin und Moderatorin Natalie Amiri bei STUDIO BONN.
Die Regisseurin Sahraa Karimi, 1985 in Teheran geboren, leitete seit Mai 2019 als erste Frau die 1968 gegründete Afghan Film Organisation. Nach der Einnahme Kabuls durch die Taliban Ende August 2021 musste sie das Land verlassen. Ihr Film "Hava, Maryam, Ayesha" feierte 2019 auf den Filmfestspielen von Venedig Premiere.
Ahmad Naser Sarmast, 1963 geboren, ist Musikethnologe. Er schloss 1981 sein Studium an der afghanischen Musikhochschule ab, verließ während des Bürgerkriegs Anfang der 1990er Jahre das Land und kehrte nach der Niederlage der Taliban zurück. 2010 eröffnete er das Nationale Musikinstitut in Kabul. 2014 wurde er bei einem Selbstmordanschlag der Taliban verletzt. Im August 2021 musste er nach der Rückkehr der Taliban an die Macht das Land verlassen. Er lebt in Melbourne, Australien.
Martin Kobler, 1953 in Stuttgart geboren, war deutscher Botschafter in Pakistan, (2017-2019), Irak (2006-2007) und Ägypten (2003-2006). Zuvor leitete er UN-Missionen in Libyen (2015-2017), Kongo (2013-2015), Irak (2011-2013) und Afghanistan (2010-2011). Von 2007 bis 2010 war er Leiter der Abteilung für Kultur und Kommunikation im Auswärtigen Amt, von 2000 bis 2003 Büroleiter des Außenministers Joschka Fischer. In seine Zeit fiel damit die Sprengung der Buddha-Statuen im Bamiyan-Tal durch die Taliban im März 2001 und der Einmarsch der ISAF-Truppen in Afghanistan. Als Kuratoriumsmitglied der Gerda-Henkel-Stiftung war er in den letzten Jahren in die private deutsche Kulturförderung in Afghanistan involviert.
Als Ausstellungsleiterin der Bundeskunsthalle kuratierte Susanne Annen , 1965 in Meerbusch geboren, im Jahr 2010 die Ausstellung "Afghanistan. Gerettete Schätze. Die Sammlung des Nationalmuseums in Kabul". Anschließend arbeitete sie in Kabul als Beraterin des afghanischen Ministeriums für Information und Kultur und organisierte und konzipierte Sammlungen, Ausgrabungen und Ausstellungen.
Natalie Amiri, geboren 1978 in München, Tochter einer deutschen Mutter und eines iranischen Vaters, berichtete ab 2007 als ARD-Korrespondentin aus Teheran, wofür sie unter anderem 2019 für den deutschen Fernsehpreis nominiert wurde. Amiri moderiert die ARD- Sendung "Weltspiegel" und den Euroblick im Bayerischen Fernsehen. Die Bestsellerautorin reiste wiederholt nach Afghanistan und arbeitet derzeit an einem Buch über das Land.