
Der Themenzyklus „The Common Ground“ stellt die Frage nach dem Allgemeinen: Was hält Gesellschaften zusammen? Welche Techniken und Institutionen erlauben produktive Auseinandersetzungen über die Zukunft? Und welche Rolle spielen darin Kunst und Kultur?
STUDIO BONN. Diskurs in der Bundeskunsthalle
The Common Ground
HIMMEL ÜBER EUROPA
Kunst und Kultur in Zeiten des Krieges
Dienstag, 26. April, 19 Uhr
Live im Forum
Talk in englischer Sprache
EVA ILLOUZ
OLGA GRJASNOWA
VOLO BEVZA
Der Angriffskrieg gegen die Ukraine lässt die Gespenster des 20. Jahrhunderts wieder auferstehen: Der russische Präsident legitimiert die Zerstörung eines Landes mit jüdischem Staatsoberhaupt und wiedergewonnenem jüdischen Leben als „Entnazifizierungsprogramm“, und seine Anhänger*innen stilisieren sich als NS-Verfolgte. Ist Geschichte zum Videospiel geworden, wie Eva Illouz jüngst in der ZEIT schrieb? Wiederholt sich die Gewalt, weil im postsowjetischen Raum jede gemeinsame Erinnerung fehlt, wie Olga Grjasnowa im SPIEGEL darlegte? Und haben wir in Deutschland überhaupt die Landkarte gemeinsamer Kulturgeschichte, auf der wir die Ukraine einordnen können?
In Bestsellern wie „Gefühle in Zeiten des Kapitalismus" erkundete die Soziologin EVA ILLOUZ, 1961 in Marokko geboren, die Prägung menschlicher Beziehungen durch Medien und Ökonomie. Sie ist Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique, CSE-EHESS in Paris und Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität Jerusalem, von wo sie zugeschaltet wird.
Eva Illouz' Artikel in der ZEIT
OLGA GRJASNOWA kam als Kind jüdischer Intellektueller 1996 von Baku über Moskau und Warschau nach Deutschland. Ihre gefeierten Romane, darunter „Der Russe ist einer, der Birken liebt" oder „Die juristische Unschärfe einer Ehe“ sind scharf gezeichnete Porträts einer Generation und ihrer Prägung durch Kriege und Migration. Ihr Essay „Die Macht der Mehrsprachigkeit“ (Duden 2021) erläutert strukturelle Behinderungen im deutschen Bildungssystem.
Olga Grjasnowa im Podcast „Alles Gesagt“
Am 20. Februar 2022 reiste der Künstler VOLO BEVZA (1993 geboren in Kiew) mit seiner Lebensgefährtin Victoria Pidust zu seiner Ausstellungseröffnung nach Kiew. Durch den russischen Angriff am Morgen des 24. Februar ans Land gefesselt, verlegten beide sich auf das Schmieden von Panzersperren bei Lwiw. In Malereien und Installationen erkundet Bevza die durch soziale Medien befeuerte Krise der Darstellbarkeit von Realität.
Gespräch mit Volo Bevza und Victoria Pidust
Statement von Bevzas Bonner Galerie Judith Andreae
Moderation: Kolja Reichert
STUDIO BONN. Diskurs in der Bundeskunsthalle
The Common Ground
404 – EUROPE NOT FOUND
Donnerstag, 9. Dezember, 19 Uhr
Live im Forum und im Livestream
Im Rahmen der Veröffentlichung des Podcasts EUROPA, WAS LOS?
Ab sofort überall, wo es Podcasts gibt!
Gibt es ein junges, europäisches Bewusstsein? Junge Europäer*innen stellen Fragen an Europa, und Expert*innen antworten.
Bereiten mich Schule und Studium ausreichend auf ein Leben im Europa der Zukunft vor? Weshalb funktioniert die Digitalisierung überall aus anderen Gründen nicht, obwohl vermeintlich doch alle das Gleiche wollen? Gibt es ein junges, europäisches Bewusstsein, oder ist die Demokratie in Gefahr? Und wo ist unsere viel beschworene europäische Kultur eigentlich zu finden? Studio Bonn feiert Premiere des Podcasts „Europa, was los?“. Junge Europäer*innen stellen darin Fragen an Europa, und Expert*innen antworten.
„Europa, was los?“ entsteht in Zusammenarbeit mit der Initiative culture-council.eu. Deren Mitgründer Janis Gebhardt hat in sechs europäischen Ländern Stimmen der Generation gesammelt, die Europa gerade erst für sich entdeckt, ihre Hoffnungen und ihre Skepsis. Am 9. Dezember werden die ersten drei Folgen veröffentlicht, in denen die Historikerin Ute Frevert oder Quang Paasch von Fridays for Future antworten. Und die vierte Folge wird an diesem Abend im Forum der Bundeskunsthalle aufgezeichnet.
Auf der einen Seite sitzen die 21-jährige EVA IULIA RUS GHEORGHIU aus Timișoara (Rumänien) und der 20-jährige ARTÛRS ZÂÌERIS aus Riga (Lettland). Mit dabei JOHANNES NICHELMANN, Journalist, Autor und Moderator von „Europa, was los?“. Ihnen gegenüber sitzen die Entrepreneurin GHAZALEH KOOHESTANIAN, die mit ihrem Unternehmen re2you Lösungen für europäische Datensouveränität erarbeitet; der Philosoph LORENZO MARSILI („Wir heimatlosen Weltbürger“, Suhrkamp 2019), der mit Yanis Varoufakis die paneuropäische Partei DiEM25 gründete und sich mit der Organisation European Alternatives für ein demokratischeres, gerechteres und kulturell offeneres Europa einsetzt; und die Politikanalystin SOPHIE PORNSCHLEGEL, derzeit Fellow am European Policy Centre (EPC) in Brüssel. Gemeinsam sprechen sie darüber, was in Europa besser funktionieren könnte – und was digitale und kulturelle Infrastruktur dazu beitragen könnten.
Gefördert mit Mitteln aus Neustart Kultur
STUDIO BONN. Listening to the Future
Das Diskursformat der Bundeskunsthalle
The Common Ground
LETZTER FLUG KABUL
Perspektiven für Kunst und Kultur in Afghanistan
Dienstag, 12. Oktober, 19 Uhr, live im Forum
und im Livestream mit simultaner Übersetzung: Deutsch, Dari und Englisch
Künstler*innen sind geflohen, wenn sie konnten, Kulturschätze im Bamiyan-Tal wurden geplündert und zum Kauf angeboten – und die chinesischen Schürfrechte für die Kupfermine unter der Ausgrabungsstätte in Mes Aynak stehen vor der Neuverhandlung. Nach der erneuten Machtübernahme durch die Taliban ist in Afghanistan abermals eine Zeit der Ungewissheit angebrochen. Was bleibt von den Institutionen, die in den vergangenen zwanzig Jahren aufgebaut wurden, auch durch deutsches Engagement? Welche Perspektiven gibt es für den Kulturerhalt? Und wie lässt sich die kulturelle Abschottung des Landes noch verhindern? Darüber diskutieren die Filmemacherin Sahraa Karimi, der Direktor des Nationalen Musikinstituts Ahmad Sarmast, der Diplomat Martin Kobler und die Ausstellungsleiterin der Bundeskunsthalle Susanne Annen mit der Journalistin und Moderatorin Natalie Amiri bei STUDIO BONN.
Die Regisseurin Sahraa Karimi, 1985 in Teheran geboren, leitete seit Mai 2019 als erste Frau die 1968 gegründete Afghan Film Organisation. Nach der Einnahme Kabuls durch die Taliban Ende August 2021 musste sie das Land verlassen. Ihr Film "Hava, Maryam, Ayesha" feierte 2019 auf den Filmfestspielen von Venedig Premiere.
Ahmad Naser Sarmast, 1963 geboren, ist Musikethnologe. Er schloss 1981 sein Studium an der afghanischen Musikhochschule ab, verließ während des Bürgerkriegs Anfang der 1990er Jahre das Land und kehrte nach der Niederlage der Taliban zurück. 2010 eröffnete er das Nationale Musikinstitut in Kabul. 2014 wurde er bei einem Selbstmordanschlag der Taliban verletzt. Im August 2021 musste er nach der Rückkehr der Taliban an die Macht das Land verlassen. Er lebt in Melbourne, Australien.
Martin Kobler, 1953 in Stuttgart geboren, war deutscher Botschafter in Pakistan, (2017-2019), Irak (2006-2007) und Ägypten (2003-2006). Zuvor leitete er UN-Missionen in Libyen (2015-2017), Kongo (2013-2015), Irak (2011-2013) und Afghanistan (2010-2011). Von 2007 bis 2010 war er Leiter der Abteilung für Kultur und Kommunikation im Auswärtigen Amt, von 2000 bis 2003 Büroleiter des Außenministers Joschka Fischer. In seine Zeit fiel damit die Sprengung der Buddha-Statuen im Bamiyan-Tal durch die Taliban im März 2001 und der Einmarsch der ISAF-Truppen in Afghanistan. Als Kuratoriumsmitglied der Gerda-Henkel-Stiftung war er in den letzten Jahren in die private deutsche Kulturförderung in Afghanistan involviert.
Als Ausstellungsleiterin der Bundeskunsthalle kuratierte Susanne Annen , 1965 in Meerbusch geboren, im Jahr 2010 die Ausstellung "Afghanistan. Gerettete Schätze. Die Sammlung des Nationalmuseums in Kabul". Anschließend arbeitete sie in Kabul als Beraterin des afghanischen Ministeriums für Information und Kultur und organisierte und konzipierte Sammlungen, Ausgrabungen und Ausstellungen.
Natalie Amiri, geboren 1978 in München, Tochter einer deutschen Mutter und eines iranischen Vaters, berichtete ab 2007 als ARD-Korrespondentin aus Teheran, wofür sie unter anderem 2019 für den deutschen Fernsehpreis nominiert wurde. Amiri moderiert die ARD- Sendung "Weltspiegel" und den Euroblick im Bayerischen Fernsehen. Die Bestsellerautorin reiste wiederholt nach Afghanistan und arbeitet derzeit an einem Buch über das Land.
STUDIO BONN. Listening to the Future
Das Diskursformat der Bundeskunsthalle
The Common Ground
WIE WIR UNS AUFEINANDER BEZIEHEN
Montag, 20. September, 20:15 Uhr, live im Forum und im Livestream
Gehen politische Kämpfe unter in Identitätspolitik? Oder wird durch das gewachsene Selbstbewusstsein von Minderheiten und die Vervielfältigung der Perspektiven erst sichtbar, wie viel (weiße, mitteleuropäische, christliche) Identitätspolitik unsere Gesellschaft auch bisher schon bestimmt hat? Wie verändert sich das Zusammenleben durch die neuen Höflichkeiten und das Ringen um die richtigen Ausdrucksformen? Ist die Meinungsfreiheit bedroht, oder wird sie gerade erst erkämpft? Darüber diskutieren am 20. September 2021 die Journalistin Petra Gerster und der Journalist Mohamed Amjahid mit Studio Bonn-Moderator Kolja Reichert in einer Installation der Künstlerin Verena Issel.
Über zwanzig Jahre lang sprach Petra Gerster (geboren 1955 in Worms) die heute-Nachrichten im ZDF – zuletzt mit Genderstern. Seit ihrem Abschied aus den Nachrichten Ende Mai 2021 schreibt Petra Gerster mit ihrem Mann, dem Journalisten Christian Nürnberger, ein Buch über Identitätspolitik, das im November erscheint („Vermintes Gelände. Wie der Krieg um Wörter unsere Gesellschaft verändert“, Heyne 2021). Bei Studio Bonn spricht sie zum ersten Mal über ihre Beobachtungen und Thesen.
In seinen Büchern und Beiträgen in Zeitungen und sozialen Medien zeigt der Politikwissenschaftler und Journalist Mohamed Amjahid (geboren 1988 in Frankfurt am Main), wie struktureller Rassismus funktioniert – und wie eine Gesellschaft und eine Sprache aussehen könnten, in denen alle gleiche Rechte und gleichen Respekt genießen. Zuletzt erschien von Mohamed Amjahid „Der Weiße Fleck: Eine Anleitung zu antirassistischem Denken“ (Piper 2021), davor „Unter Weißen: Was es heißt, privilegiert zu sein“ (Hanser Berlin 2017).
In farbenfrohen Collagen und Installationen aus günstigen Materialien baut Verena Issel (geboren 1982 in München) Wiedergänger von Formen der Kunstgeschichte – und befragt diese auf ihre Gültigkeit für die digitale Gegenwart, die von einem Zerfließen der Formen bestimmt ist. Für Studio Bonn verwandelt Verena Issel ihre ortsspezifische Installation „SOFT RUINS (Aset in Tadmor II)“ (2018/2021) in ein Fernsehstudio. Die Installation mit antiken Säulen aus pastellfarbenem Schaumstoff entstand unter dem Eindruck der Zerstörung der Tempelanlage von Palmyra (auch Tadmor) durch den Islamischen Staat im Jahr 2015. Aset ist der mittelägyptische Name für Isis, die ägyptische Göttin der Zerstörung und des Wiederaufbaus.
STUDIO BONN. Listening to the Future
Das Diskursformat der Bundeskunsthalle
The Common Ground
KULTUR UND KLASSENKAMPF
Dienstag, 22. Juni, 20:15 Uhr digital auf dieser Seite
Künstlerin HENRIKE NAUMANN, Schriftstellerin ANKE STELLING und Soziologe ANDREAS RECKWITZ im Gespräch mit KOLJA REICHERT
In einer Installation von Henrike Naumann
Die Digitalisierung hat den Streit darüber, was kulturell wertvoll ist, aus den Museen in den Alltag getragen. Alle bewerten einander, jede*r ist Künstler*in, Kritiker*in und Werk. Die einen behaupten sich durch originelle Lebensentwürfe, die anderen verteidigen ihre vermeintlich authentischen Wurzeln. Wenn aber alles und jeder Kulturgut werden kann: Was ist dann noch die Rolle des Kunstwerks?
Ein Gespräch über die veränderten Dynamiken gesellschaftlicher Wertbildung, den verdeckten Klassenkampf durch Kultur und den Zusammenhang von Kultur und Populismus.
Mit Möbeln von Ebay Kleinanzeigen erforscht Henrike Naumann deutsche Psychogeografien nach 1989. Anke Stellings Romane entlarven die Lebenslüge der Selbstverwirklichung. Und Andreas Reckwitz hat mit der "Gesellschaft der Singularitäten" eine Kulturtheorie entwickelt, die das Erstarken des Populismus auch aus dem gewachsenen Stellenwert der Kultur erklärt.
KULTUR UND KLASSENKAMPF ist die zweite Folge des Themenzyklus THE COMMON GROUND über das Verhältnis von Kultur und Gesellschaft, der am 12. Mai im Bundeskanzlerbungalow eröffnet wurde. Diesmal ist STUDIO BONN zu Gast in der Installation "Ostalgie" der Künstlerin Henrike Naumann in der Ausstellung "Diversity United" in Berlin.
Das neue Diskursformat der Bundeskunsthalle geht an den Start
Premiere am 12. Mai 2021 mit Monika Grütters und Eva Kraus zur Zukunft der Kulturpolitik – im Stream aus dem Kanzlerbungalow
Mit STUDIO BONN startet die Bundeskunsthalle am 12. Mai 2021 ein neues Diskursformat. Es widmet sich in den kommenden Jahren verschiedenen Themenzyklen, beginnend mit der Programmreihe „The Common Ground“ über das Verhältnis von Kultur und Gesellschaft. Zur Premiere sprechen Kulturstaatsministerin Monika Grütters und Intendantin Eva Kraus mit dem neuen Programmkurator Kolja Reichert über die Zukunft der Kulturpolitik.
The Common Ground
Die Zukunft der Kulturpolitik
Mittwoch, 12. Mai 2021, 21.15 Uhr digital auf dieser Seite
Seit im Jahr 1992 die Bundeskunsthalle eröffnete, ist der politische Kurswert von Kultur konstant gestiegen. Das zeigt sich schon in den Budgetzuwächsen, die Kulturstaatsministerin Monika Grütters in acht Jahren Amtszeit erkämpfte – zuletzt in den zwei Kulturmilliarden zur Linderung der Folgen der Corona-Pandemie. Aber versteht die Politik wirklich, wie Kultur funktioniert und was sie leistet? Reichen die bestehenden Instrumente, um die Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern zu sichern? Wie müssen Kultureinrichtungen sich verändern? Braucht es ein Bundeskulturministerium? Und was bleibt von der Kulturhoheit der Länder? Zur Premiere von STUDIO BONN diskutieren Kulturstaatsministerin Monika Grütters, Intendantin Eva Kraus und Kolja Reichert über die Zukunft der Kulturpolitik.